Lieber Jacques, liebe Freudinnen und Freunde
Zu Eurer Info der Artikel aus dem Thuner Tagblatt TT vom 28.12.2019 (erschien sehr wahrscheinlich auch in der Berner Zeitung, das TT fabriziert nur den Lokalteil selber).
Klimademonstrationen haben ein Nachspiel
Protest Die Polizei löste in Lausanne eine Kundgebung mit unzimperlichen Mitteln auf. Die linke Stadtregierung verteidigte das
Vorgehen und gerät nun selbst unter Druck.
Vorgehen und gerät nun selbst unter Druck.
Philippe Reichen, Lausanne
Die Klimademonstration am 14. Dezember in Lausanne verlief lange friedlich. Rund 500 Aktivisten blockierten die Rue Centrale mitten im Weihnachtsmarkt im Stadtzentrum. Sie sangen Weihnachtslieder mit veränderten Texten, tanzten und skandierten Sprechchöre. Wie früher schon war der 77-jährige Chemie nobelpreisträger Jacques Dubochet unter den Demonstranten. Auch Ärzte und Pflegefachleute waren da, um auf die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels aufmerksam zu machen.I
Am Ende brachte die Polizei Aktivisten mit unzimperlichen Mitteln von der Strasse. Handyaufnahmen zeigen, wie sich rund zehn Polizisten auf einen einzelnen Aktivisten stĂĽrzen und diesen wegschleppen. Ein Fotograf der Agentur Keystone wollte die Szenen festhalten. Doch ein Polizist hinderte ihn am Fotografieren.
Ein Beobachter am Strassenrand insistierte hinter einer Abschrankung aus Plastikband, hier werde die Presse freiheit verletzt. Dieselben Handyaufnahmen dokumentieren, wie ein Polizist den Beobachter fragt, ob er sich die Verhaftungen von nahem anschauen wolle. Der Mann zeigte Interesse. Der Polizist liess ihn unter der Absperrung durch. Dies war eine Falle. Sofort verhafteten Polizisten den Mann, zerrten ihn in ein Polizeiauto und schafften ihn fort.
Ein Protestbrief an die Stadtregierung
Die Bildagentur Keystone kritisierte das Vorgehen der Polizei. Die von den Parteien SP und GrĂĽne dominierte Lausanner Stadtregierung befand jedoch, die Polizei habe die Pressefreiheit nicht verletzt. Die Regierung verweist darauf, dass die Kundgebung nicht bewilligt worden war. Ăśbergriffe habe man keine festgestellt. Den von der Polizei verhafteten Beobachter bezichtigte sie, die Ereignisse ausgenutzt zu haben, um die Stimmung aufzuheizen.
Doch nun kritisieren die Waadtländer Jungsozialisten und Jungen GrĂĽnen die Stadtregierung in einem gemeinsam formulierten Brief massiv. Ihr Schreiben, das an die linken Stadträte, nicht aber an Polizeivorsteher Pierre-Antoine Hildbrand (FDP) ging, liegt dieser Zeitung vor. «Wir verurteilen Ihre Reaktion auf die unverhältnismässige Polizeiaktion», heisst es im Brief. Die Verhaftung des Beobachters bezeichnen die Jungpolitiker als «skandalöses Verhalten, grundsätzlich illegal und schädlich fĂĽr den Rechtsstaat und die Integrität der BĂĽrgerinnen und BĂĽrger». GrĂĽne und Juso fragen: «Mit welchem Interesse wählen wir eine linke Stadtregierung, die dann nichts weniger als die Werte einer rechtsbĂĽrgerlichen Stadtregierung verteidigt anstatt die Werte, an die wir glauben?» Man fordere die Regierung auf, von ihrer Position abzurĂĽcken und solche Polizeiaktionen nicht zu unterstĂĽtzen, damit sie sich nicht wiederholten.
Die Lausanner Regierung hat bislang nicht auf den Brief reagiert. Polizeivorsteher Pierre-Antoine Hildbrand sagt auf Anfrage, er habe das Schreiben bislang nicht einsehen können.
Ein Nobelpreisträger als einziger Zeuge
Folgen hat in Lausanne auch eine andere Klimademonstration. Ab dem 7. Januar stehen zwölf Waadtländer Klimaaktivisten vor dem Bezirksgericht. Die Waadtländer Staatsanwaltschaft macht ihnen wegen Hausfriedensbruchs den Prozess, weil sie am 22. November 2018 in einer Filiale der Credit Suisse Tennis spielten. Die Aktivisten prangerten mit der Aktion Roger Federers UnterstĂĽtzung fĂĽr die CS an, weil die Bank gemäss den KlimaschĂĽtzern eine «katastrophale CO2-Bilanz» hat.
Eine Sprecherin der Aktivisten bezeichnet den fĂĽr Januar geplanten Prozess als «Meilenstein im Rechtsstreit um den Klimaschutz». Man findet es bedauerlich, «dass in unserer Gesellschaft derzeit junge Menschen das Gesetz brechen mĂĽssen, damit wir den Abgrund erkennen können, auf den wir zusteuern». Die jungen Angeklagten wären sogar bereit, ins Gefängnis zu gehen, um gegen allfällige strafrechtliche Sanktionen zu protestieren. Die Aktivisten sehen die Verhandlung als politischen Prozess. 13 Anwälte haben sich bereit erklärt, die Angeschuldigten auf freiwilliger Basis zu verteidigen, darunter zwei Vorstandsmitglieder der Waadtländer Anwaltskammer.
Zahlreiche Klimaexperten hatten sich als Zeugen zur VerfĂĽgung gestellt, darunter Autoren des Weltklimaberichts der UNO, aber auch JĂ©rĂ©my DĂ©sir, ehemaliger Analyst der Bank HSBC, der diesen Sommer mit einem «Offenen Brief an die Menschheit» von seinem Posten zurĂĽcktrat. Doch das Gericht hat lediglich einen Zeugen zum Prozess zugelassen: Nobelpreisträger Jacques Dubochet.
Ueli Hagnauer
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