Donnerstag, 9. Januar 2020

Leserbrief von Helmut Knolle zu Klimapolitik und fehlerhafter Schätzung der Klimakosten


Leserbrief zu:
„Klimapolitik – die Lösung heisst Kostenwahrheit“, NZZ vom 3.1.2020, Seite 9

Die Autoren behaupten, eine generelle Abgabe von zunächst 40 Fr. und später 75 Fr. pro Tonne CO2 würde genügen, um alle künftigen Generationen für die Folgen des Klimawandels zu entschädigen, und
fügen hinzu: „Diese Werte reflektieren die wissenschaftlichen Schätzungen der zukünftigen Kosten des Klimawandels ...“ Über die Methode der Schätzung sagen sie nichts, aber da sie sich auf William Nordhaus berufen, wissen Kenner der Materie schon Bescheid. Die künftigen Kosten werden „diskontiert“ mit einer Rate, die sich am Zinsniveau orientiert, und zwar hat Nordhaus in einem 2013 erschienenen Buch (The Climate Casino) eine Diskontrate von 4% vorgeschlagen. Wenn man die Kosten der gegenwärtigen Feuersbrunst in Australien mit 10 Milliarden Franken schätzt, dann würde ein Feuer von gleicher Grösse nach dieser Rechnung in 30 Jahren nur 3 Mrd. und in 60 Jahren weniger als 1 Mrd. Franken kosten. Es ist klar, dass beim Zinsniveau von heute diese Rechnung keinen Sinn ergibt. Nordhaus war der Antipode von Nicholas Stern, der 2007 in seinem Buch „The Economics of Climate Change“ gezeigt hat, dass ein Zögern beim Klimaschutz die Menschheit mehr kosten würde als rasches Handeln. Der Gegensatz zwischen Nordhaus und Stern rührt daher, dass Stern mit einer Diskontrate von 0,1 % gerechnet hat. Dass Nordhaus und nicht Stern mit dem Nobelpreis 2018 geehrt wurde, war dann wohl keine wissenschaftliche, sondern eine politische Entscheidung. Wenn man mit den Annahmen von Stern argumentieren würde, dann müsste eine CO2-Abgabe viel höher als 75 Fr. sein, wenn damit die Kostenwahrheit erreicht werden soll. 
Helmut Knolle
Wohlen bei Bern