Freitag, 21. Juli 2023

Alpina Solaranlagen. Mail von IG Solalpine


Alpine Solaranlagen. Mehr Winterstrom. Gegen ökologische Bedenken.
„TRIBÜNE
Solarpanels können die Alpen schützen
Gastkommentar
von Ruedi Kriesi und Renato Tami

Schweizer Umweltorganisationen betrachten grosse Solaranlagen in den Alpen im besten Fall als notwendiges Übel. Zugleich bestehen begründete Zweifel, ob Photovoltaik auf Bauten und Infrastrukturen allein ausreichen werden, um die künftige Winterlücke zu stopfen. Ganz abgesehen davon, ob die Anlagen rasch, vollständig und günstig installiert werden können. Diese Zurückhaltung der Umweltschützer ist bedauerlich und bei genauer Betrachtung auch schwer verständlich – lassen sich die Ziele der Organisationen doch durchaus mit den alpinen Anlagen vereinen.

Klar ist, dass die zurückhaltende Gewichtung alpiner Photovoltaik zu einer langen Liste von Forderungen an allenfalls tolerierte Standorte führt: Nicht im BLN-Gebiet (Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung) oder in der Nähe eines Unesco-Welterbes. Nur bei Skiliften oder Staumauern und zwingend gut erschlossen mit Strasse und Stromleitung. Nimmt man hinzu, dass die Winterbesonnung stimmen muss und weder Lawinen noch Steinschlag drohen dürfen, wird es solche Standorte kaum geben.

In Realität liegen geeignete, von Gemeinden favorisierte Standorte beispielsweise an einer Passstrasse, unter zwei Hochspannungsleitungen, neben einer Staumauer, verfügen über Skilift-Relikte, sind felsig mit magerer Biodiversität – aber befinden sich in BLN-Gebiet. Soll ein solcher Standort nicht infrage kommen, obwohl die Grenze des BLN-Gebiets sehr formalistisch entlang der Gemeindegrenze gewählt ist? Umgekehrt findet sich passendes Gelände auf einer abgelegenen Alpweide, vom Tal aus nicht sichtbar, hervorragend besonnt, angrenzend an eine Lawinenverbauung – aber zwei Kilometer vom Stromanschluss entfernt und nur durch eine Alpstrasse zugänglich Wird ein solcher Standort zulässig sein?

Wo aber liegt denn das ökologische Problem der alpinen PV-Anlagen? Deren Module werden auf zwei bis drei Meter über Grund geplant, damit sie auch bei maximaler Schneehöhe Strom liefern. Entsprechend können auch Wildtiere und Alpvieh weiterhin im Terrain zirkulieren. Um die tief stehende Wintersonne möglichst zu nutzen, werden die Panels steil geneigt. Der Boden wird in der kalten Jahreszeit stark beschattet, die Schneedecke wird etwas später abschmelzen. Im Sommer wird die steile Sonneneinstrahlung den Boden aber weitgehend ungehindert erreichen.

Solche Anlagen werden das Aussehen der Landschaft und die Biodiversität beeinflussen. Allerdings sind die Alpen vom Tal aus kaum sichtbar. Und es ist durchaus möglich, dass die Biodiversität gegenüber der heutigen Alpbewirtschaftung sogar reichhaltiger wird. Wissenschaftliche Untersuchungen an den ersten Anlagen werden es zeigen. Und nicht jeder Eingriff ist für die Natur negativ – wie das Beispiel der an sich hässlichen Panzersperren zeigt, die sich zu Biodiversitäts-Oasen entwickelt haben.

Tatsache ist, dass die Schweizer Alpweiden zunehmend verwalden. Die Flächen unter den alpinen PV-Anlagen müssen aber gepflegt werden, damit keine Bäume oder Sträucher die Module beschatten. Zudem werden die PV-Anlagen den Grundbesitzern und Gemeinden viel mehr Geld bringen als die traditionelle Sömmerung. Die solide finanzielle Basis wird ihnen erlauben, die Flächen besser zu pflegen. Gerade fernab der Touristenorte wäre dieser Effekt willkommen.

Alpine Solaranlagen hätten das Potenzial, den auch bei Nutzung aller Dachflächen im Winter fehlenden Strom mit wenigen Prozent der Alpflächen zu liefern. Auch wenn ein Teil mit Windanlagen gedeckt werden sollte, bleibt der Solarausbau ein riesiges Vorhaben, das die Schweiz während der nächsten zwanzig Jahre beschäftigen dürfte. Es ist zu hoffen, dass das Parlament den bis Ende 2025 und auf 2 Terawattstunden limitierten Solarexpress mit einer unbefristeten, ähnlichen Regelung im Mantelerlass fortführen wird.

Und es ist weiter zu hoffen, dass die Protagonisten einer nachhaltigen Stromversorgung verantwortungsvoll Hand bieten werden für die (wenigen) gangbaren Lösungen erneuerbarer Elektrizität, im Interesse von Bevölkerung und Wirtschaft.

Ruedi Kriesi und Renato Tami präsidieren die IG Solalpine."