Am Samstag 16. November haben wir uns in Zürich würdevoll vom fossilen Verbrennungsmotor verabschiedet. Herzlichen Danke an weactnow für die Einladung. Unten der Text meiner kurzen Ansprache.
Liebe Trauergemeinde, Freunde, hört mich an:
Begraben will ich den Verbrennungsmotor, nicht ihn preisen.
Was Maschinen Übles tun, das überlebt sie,
Das Gute wird mit ihnen oft begraben.
So war es auch mit dem Verbrennungsmotor. Der Nutzen war von kurzer Dauer, der Schaden bleibt. Schon Prof. Clausius, einer der Erfinder der Thermodynamik, hat im Jahr 1885 auf eines der Hauptprobleme hingewiesen: «Die fossilen Brennstoffe verbrauchen wir nun, und verhalten uns dabei ganz wie lachende Erben, welche eine reiche Hinterlassenschaft verzehren. Es wird aus der Erde herausgeschafft, so viel sich durch Menschenkraft und technische Hilfsmittel nur irgendwie heraufschaffen lässt, und das wird verbraucht, als ob es unerschöpflich wäre.» Vom Anfang an war klar, dass eine Gesellschaft, die auf der Nutzung fossiler Brennstoffe basiert, nicht lange überleben wird.
Der Verbrennungsmotor war aber sehr verführerisch. Plötzlich war es möglich, ohne zu arbeiten reich zu werden – ein alter Traum der Menschheit. Der unbegrenzte Zugang zu Energie hat uns ermöglicht, Berge zu versetzen, Wälder zu roden, Flüsse umzuleiten, und nur so zum Spaß, um die Welt zu reisen. Die Frage, warum wir dies denn tun sollten, wurde aber nie abschließend beantwortet. «Weil wir es können» war stets die Begründung.
Lieber Verbrennungsmotor, was hätten wir bloß ohne Dich getan?
Dank Dir waren die großen zerstörerischen Kriege des 20. und 21. Jahrhunderts erst möglich. Denn nur mit Lastwagen, Panzern und Flugzeugen konnten genug Soldaten, Waffen, und
Sprengstoff an die Front transportiert werden, um die volle Zerstörungswut der Menschen zu entfalten. Dabei war die Kriegsursache stets die gleiche: der Zugang zum Erdöl. Die Mächtigen waren auf das schwarze Gold angewiesen, und mussten immer teurere und blutigere Kriege führen, um den Nachschub zu sichern. Die Absurdität dieses Teufelskreises hat einem der Mitbegründer der OPEC dazu veranlasst, Erdöl als «die Ausscheidung des Teufels» zu bezeichnen.
Lieber Verbrennungsmotor, wie hätten wir ohne Dich gelebt?
Einen großen Einfluss auf unsere Gesellschaft hatte das Privatauto; das Symbol der Freiheit, das uns vollends versklavt hat. Seinetwegen wurde nicht nur Parkgaragen, Straßen, und Autobahnen gebaut, sondern auch Fabriken, welche die Autos produzierten. Hier wieder der Teufelskreis: Die Menschen haben geschuftet, um sich ein Auto leisten zu können, das sie hauptsächlich dafür genutzt haben, um zur Arbeit zu fahren. Dank der Ineffizienz des motorisierten Individualverkehrs war es möglich, trotz des angeblich arbeitssparenden Verbrennungsmotors immer mehr zu arbeiten.
Lieber Verbrennungsmotor, wie hätten wir ohne Dich geatmet?
Auf diese Frage gibt es eine einfache Antwort: Besser. Mit dem Autoverkehr kam auch die Luftverschmutzung: Blei, Feinstaub, Ozon, Stickoxide. Jährlich starben weltweit Millionen von Menschen an den Folgen der schlechten Luftqualität. Dazu kamen noch die vielen Verkehrstoten. Der Kollateralschaden des Autoverkehrs wurde einfach hingenommen, weil unsere Gesellschaft vom Auto abhängig geworden war. «Was nicht sein darf, kann auch nicht sein.» Die von dem Verbrennungsmotor verursachten Problem wurden geleugnet, weil eine Konsumgesellschaft ohne ihn gar nicht möglich war.
Lieber Verbrennungsmotor, «Is it a man's world?»
Mein Onkel Sven wurde im Jahr 1927 geboren. Kürzlich habe ich ein Foto von ihm als Teenager gefunden und eine junge Verwandte von mir hat den besten Kommentar dazu geliefert: «So sehen junge Männer halt nicht mehr aus.» Der Bauernsohn aus Südschweden steht lächelnd wie ein Spitzenathlet am Strand: Nur Muskeln und kein Fett.
Die Zeiten, in denen viele Arbeiten mit Muskelkraft verrichtet wurden, liegen erst 1-2 Generationen zurück. Da Männer größer und physisch stärker sind als Frauen, gab es auch für Männer mit schlechten Schulnoten genug zu tun. Wer bereit war, hart zu arbeiten, musste keine Angst haben, arbeitslos zu sein. Die Automatisierung, die Maschinen, und der Verbrennungsmotor haben dies verändert. Wenn Männer sich über den gefühlten Statusverlust in der modernen Gesellschaft beschweren, haben sie nicht ganz unrecht. Daran sind aber nicht die Frauen schuld, sondern ihre eigene Dummheit. Mit der Erfindung des Verbrennungsmotors haben sie sich selbst überflüssig gemacht.
"Man made the car, to take us over the road, Man made the train, to carry the heavy load" singt James Brown in "It is a man's world". Über die Konsequenzen hat er wohl auch nie nachgedacht.
Lieber Verbrennungsmotor, lange werden wir uns an Dich erinnern (müssen). Leider!
Ich danke Ihnen.