Mittwoch, 15. Juni 2022

Bundesgericht - unverständlich


Fotos: pixabay.com

Hinweis von Thomas Merky: "Hier noch eine kleine Lektüre für ganz schlechtes Wetter. Also beim Klimaschutz gelten die getroffenen Massnahmen nicht als Notwehr."
UH/ Vergleich/Illustration: Darum liegt das Bundesgericht falsch:
Acht Milliarden Menschen befinden sich auf einem riesigen Marktplatz. Dieser wird durch Erdöllobby und Verbündete mit CO2-haltige Granaten beschossen.
Der Beschuss geht ununterbrochen weiter, sogar mit gesteigerter Intensität, trotz Todesopfern, glasklarer wissenschaftlicher Evidenz und

unzähligen Protesten während Jahrzehnten. Er führt unweigerlich zu schweren, langdauernden, mehrheitlich irreparablen Schäden an Mensch, Natur, Infrastruktur.
Alle zwei bis drei Minuten wird ein Mensch von Klimafolgen tödlich getroffen 1). Wenn das kein Notstand ist!
Der Beschuss muss dringend gestoppt werden. Ein unmittelbarer Notstand ist zweifellos gegeben.
Die Gefahr ist seit Jahrzehnten bekannt. Trotzdem werden keine wirksamen Gegenmassnahmen getroffen. Schliesslich entschliessen sich  AnwohnerInnen zur Demonstration und zum gewaltlosen zivilen Widerstand, um so vor der tödlichen Gefahr zu warnen. 

https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F147-IV-297%3Ade&lang=de&type=show_document&zoom=YES&


UH/ vgl. "Regeste b" (Juristendeutsch) im "Urteilskopf" und Erläuterungen weiter unten (franz.).
Mit weltfremder Argumentation verneint das Bundesgericht immer noch den "rechtfertigenden Notstand" gem. Art. 17 StGB.

Rechtfertigender Notstand   Art. 17    blau = Link zum Strafgesetzbuch. 
Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um ein eigenes oder das Rechts­gut einer anderen Person aus einer unmittelbaren, nicht anders ab­wendbaren Gefahr zu retten, handelt rechtmässig, wenn er dadurch höherwertige Interessen wahrt.

(Ich habe ein wenig Juristerei ins Linkverzeichnis meines Browsers aufgenommen: Das StGB, die Bundesverfassung und das Gesetz zu den übertragbaren Krankheiten 2). Das erleichtert die Paragraphensuche enorm. Wenn man z.B. das StGB offen hat, findet man den Art. 17 mit Textsuche "Notstand" in zwei Sekunden!)

Fragen, die man an das Bundesgericht richten müsste:

- Die Erdöllobby verletzt viel "höherwertige", in der Verfassung garantierte Rechtsgüter (Leib, Leben, Gesundheit, Natur, Umwelt). Warum verurteilt unser Rechtssystem die gewaltlosen Demonstranten und nicht die Erdöllobby?

Bundesgericht: "Art. 17 StGB erfasst nur Handlungen zum Schutz individueller Rechtsgüter und nicht solche zum Schutz kollektiver Interessen (E. 2.1-2.5)."   
Man darf also laut Bundesgericht ein fremdes Grundstück unerlaubt betreten, um einen Menschen auf einen Hausbrand aufmerksam zu machen / ihn zu retten. Wenn es aber darum geht, alle Hausbewohner, ein Kollektiv,  eine grosse Zahl von Menschen, eine Grossstadt  ...  zu warnen, soll das nicht erlaubt sein?

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1) Ausgehend von vorsichtig geschätzten 300'000 Klimatoten pro Jahr.
2) SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937