Dienstag, 6. April 2021

Parlamentarische Initiative von Balthasar Glättli: Klimarat schaffen

 Hinweis von Jean Martin:


20.467 PARLAMENTARISCHE INITIATIVE

Als Antwort auf die Klimakrise die Demokratie erweitern. Einen durchs Los bestimmten Klimarat schaffen

Eingereicht von:
Sprecher/in:
Einreichungsdatum:
24.09.2020
Eingereicht im:
Nationalrat
Stand der Beratungen:
Im Rat noch nicht behandelt

Es sind die nötigen gesetzlichen Grundlagen zu schaffen für die Einführung eines Klimarats, der mehrheitsfähige Lösungen für den Klimaschutz und für mehr Klimagerechtigkeit erarbeiten soll. Er soll dazu beitragen, dass die Schweiz möglichst rasch zu einem klimapositiven Land wird und so lange existieren, bis die Schweiz vier Jahre lang klimapositiv war.

Der Klimarat umfasst 200 zufällig ausgewählte Personen. Im Klimarat vertreten sein können Personen ab 16 Jahren, Schweizer*innen und Ausländer*innen mit einem ständigen Wohnsitz in der Schweiz. Ein

geeignetes zufälliges Auswahlverfahren sorgt für eine ausgeglichene und der Bevölkerung entsprechende Vertretung der Geschlechter, Altersgruppen, Bildungsgrade, Wohnortgrössen, Migrationshintergrund und Sprachregionen. Bei Rücktritten werden Personen ebenfalls durchs Los ersetzt.

Der Klimarat wird bei seiner Arbeit von Wissenschaftler*innen beraten und hat eine professionelle, unabhängige Moderation der Diskussionsprozesse. Er soll wie Stände- und Nationalrat in regelmässigen Sessionen tagen und entsprechend entschädigt werden.

Der Klimarat hat die Möglichkeit, eigene Entschlüsse zu fassen. Er hat dabei die Kompetenz, Resolutionen zu verabschieden, und er kann direkt Motionen und parlamentarische Initiativen zuhanden des Parlaments beschliessen, welche analog zu Kommissionsvorstössen der parlamentarischen Kommissionen von Bundesrat und Parlament beschleunigt behandelt werden. Er hat zudem die Kompetenz, Volk und Ständen mit Zweidrittelsmehr einen Antrag auf eine Verfassungsänderung vorzulegen. Ein solcher Antrag auf Verfassungsänderung wird entweder im Sinne einer erfolgreich gesammelten Volksinitiative durch Bundesrat und Parlament vorberaten und gegebenfalls mit einem direkten oder indirekten Gegenvorschlag ergänzt oder, bei entsprechendem Beschluss des Klimarats, auch direkt und ohne parlamentarische Abstimmungsempfehlung direkt Volk und Ständen zur Abstimmung unterbreitet wird. In beiden Fällen übernimmt der Klimarat als Gremium sinngemäss die Rechte und Pflichten des Initiativkomitees.

Der Bundesrat und parlamentarische Kommissionen können zudem vom Klimarat explizit Stellungnahmen zu Fragestellungen in dessen Zuständigkeitsbereich einholen.

Angesichts der enormen und dringenden Herausforderung der Klimakrise gilt es, neue Wege zu erproben, um schnellere, ambitioniertere und gleichzeitig breit und demokratisch abgestützte Lösungen für mehr Klimagerechtigkeit zu finden.

Die französische "Convention Citoyenne pour le Climat", ein ebenfalls durchs Los repräsentativ gewählter Klimarat, hat nach Konsultation mit verschiedenen Wissenschaftler*innen und interner Debatte klimapolitische Forderungen verabschiedet, welche in ihrer Ambition deutlich über das hinausgehen, was gewählte Regierungen und Parlamente bisher beschlossen haben.

An diesem Beispiel zeigt sich, dass die Institution eines per Los repräsentativ bestellten Klimarats unter wissenschaftlicher Beratung und professioneller, aber unabhängiger Moderation möglicherweise eher als gewählte Parlamente geeignet ist, die nötigen, weitgreifenden Massnahmen zu debattieren und in den demokratischen Prozess einzubringen welche gleichzeitig mehrheitsfähig und geeignet sind, die Klimakrise tatsächlich rasch und wirksam anzugehen.

Der Klimarat gemäss dem hier präsentierten Vorschlag soll eingebettet sein in die bestehenden demokratischen Institutionen und in die direkte Demokratie, nicht wie zB der für 2021 geplante Bürgerrat in Deutschland, der dem deutschen Bundestag bloss ein Bügergutachten übergeben soll.

Die Vorstösse des hier geforderten Klimarats werden vom Parlament beraten und dessen Beschlüsse sind dann wie üblich im Falle einer Gesetzesänderung dem fakultativen und im Falle einer Verfassungsänderung dem obligatorischen Referendum unterworfen. Zusätzlich soll der Klimarat die Möglichkeit haben, mit einem Zweidrittelsmehr Volk und Ständen Verfassungsänderung zur Abstimmung zu unterbreiten. Eine solche Klimarats-Initiative wird entweder nach parlamentarischer Beratung analog zu einer Volksinitiative oder auch direkt und ohne Vorberatung durchs Parlament Volk und Ständen zur Abstimmung unterbreitet.

Damit sollen zwei Ziele erreicht werden: der Klimarat kann verbindliche Vorschläge in den politischen Prozess einbringen. Bei Gesetzesänderungen bleibt aber die definitive Entscheidung beim Parlament mit der Möglichkeit, ein fakultatives Referendum zu ergreifen, bei Verfassungsänderungen bleibt die definitive Entscheidung bei Volk und Ständen.