Die
Klimaerwärmung ist heute eine wissenschaftlich breit anerkannte Tatsache. Vor
allem in urbanen Zentren sind die hohen Temperaturen und der zeitweilige
Wassermangel beunruhigend, insbesondere wenn sich urbane Hitzeinseln bilden.
Die UNO hat mit den 17 Zielen (SDGs) der Agenda 2030 aufgezeigt, wie global und
lokal dem Klimawandel begegnet werden soll. Die Schweizer Bauwirtschaft kann
mit wirkungsvollen Massnahmen einen wichtigen Beitrag leisten.
Heute leben in der Schweiz
rund drei Viertel der Menschen in Kernstädten und deren Agglomerationen. Mit
den Klimaveränderungen spüren die Bewohner/innen die heissen und trockenen
Sommer mit über 30oC und die geringeren Niederschlagsmengen besonders stark, da
Massiv- und Glasbauten sowie die versiegelten Verkehrsflächen die
Sonneneinstrahlung stärker speichern als Grünräume. Zudem enthalten die Baumaterialien
viel graue Energie aus fossilen Energieträgern, die für deren Herstellung
aufgewendet werden musste und die Konzentration des Klima-Gases CO2 unterstützt
haben. Die 17 SDGs formulieren Massnahmen, aus denen hier zwei herausgegriffen
werden.
Bauen
mit Kühleffekt
Das SDG 13.1 verlangt, «die
Widerstandskraft [und] die Anpassungsfähigkeit gegenüber klimabedingten
Gefahren» seien zu stärken, um deren Auswirkungen zu mildern. Die folgenden
Massnahmen sind sehr wirkungsvoll: die Wahl von Baustoffen mit wenig grauer
Energie sowie Dach- oder Fassadenbegrünungen. Dadurch kann die Temperatur nicht
nur an der Fassade, sondern auch in den Innenräumen um mehrere Grad gesenkt
werden. Dieser Effekt wird vor allem durch die Evapotranspiration (Verdunstung)
erreicht, wie das Hochhaus «Bosco verticale» in Mailand beweist. Zusätzlich verbessert
die Speicherung von CO2 und die Produktion von Sauerstoff durch die Pflanzen
die Luftqualität. Anstelle von teuren und Energie-fressenden Klimageräten kann
der Kamineffekt genutzt werden, der ein hervorragendes Raumklima erzeugt, wie es im 2018 erstellten Schulgebäude im
landwirtschaftlichen Zentrum SG in Salez bewiesen wurde. Weitere kühlende
Massnahmen können mit der Gebäude-Beschattung durch Laubbäume oder nur schon
durch die Vermeidung von Bauriegeln an hügeligen Geländen erreicht werden. Begrünungen
können aber nicht nur die Erwärmung einzelner Gebäude reduzieren, sondern auch
den urbanen Hitzeinseleffekt mildern.
Erholungsräume
und hohe Biodiversität
Das SDG
15.5 fordert, «Massnahmen
[zu] ergreifen, um die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume zu
verringern [und] dem Verlust der biologischen Vielfalt ein Ende zu setzen.» Die
städtischen meist kleinteiligen Lebensräume können eine grosse Biodiversität
entwickeln, wenn sie miteinander verbunden sind (Trittsteine, Korridore) und
einen gewissen Strukturreichtum aufweisen. Füchse, Igel, Eidechsen und
Mauersegler sowie seltene Ackerkräuter finden sich in Städten.
Stadtmenschen
brauchen aber auch abwechslungsreiche grüne Erholungsräume. Die Farbe Grün
beruhigt und jahreszeitlich bedingte immer neue farbige Akzente regen die Sinne
an. Zudem können ätherische Öle die Immunkraft stärken und heilend wirken, wie
der Lindenblütentee oder die Salicylsäure der Weide (Aspirin) beweisen.
Wissen und Handeln verbinden
Gesundes
und nachhaltiges Bauen hat nicht nur mit einer intelligenten Materialwahl und
einer höheren Energieeffizienz in der Gebäudetechnik zu tun, sondern auch mit
vorausschauender Planung, die das Wohlbefinden der Menschen heute und in
Zukunft fördert. Oft fehlt Planenden und Handwerker/innen aber das Wissen um
die grossen Zusammenhänge des gesunden und nachhaltigen Bauens und die
Kompetenz dieses Wissen in ihrem Fachbereich umzusetzen. Dazu bietet das
Bildungszentrum Baubiologie einen aktualisierten Lehrgang an, der mit einer
eidgenössisch anerkannten Berufsprüfung abgeschlossen werden kann (https://www.baubio.ch/bildung/lehrgang/,
bildungszentrum@baubio.ch).
Dr. Thea Rauch-Schwegler