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| Die Politik gibt sich grĂĽn | | Erst am Freitag hat die Mehrzahl der EU-Länder ein neues Ziel beschlossen, wonach erneuerbare Energien im Jahr 2030 bis zu 45 Prozent des Energieanteils der Staatengemeinschaft ausmachen sollen. | | Das ist ein riesiger Sprung im Vergleich zu heute – und erklärt auch, weshalb osteuropäische Länder wie Polen, Bulgarien oder die Tschechische Republik sich (ohne Erfolg) gegen die Erhöhung gewehrt haben. Sie hinken den anderen EU-Ländern oft hinterher. | | Bislang lag das offizielle europäische Ziel fĂĽr 2030 noch bei einem Anteil der Erneuerbaren bei 32 Prozent. Ende 2021 stand dieser bei rund 22 Prozent. «Das neue Ziel bedeutet also eine Verdoppelung in neun Jahren! Bäm!», jubelte Sven Giegold, der grĂĽne deutsche Staatssekretär im Wirtschafts- und Klimaministerium, auf Twitter. | | Es bewirke vor allem goldene Baujahre fĂĽr die Branche. Denn das Gesetz bedeute «europaweit die Installation von 100 GW Windanlagen und Solaranlagen jährlich. Umgerechnet entspricht das täglich 17 Fussballfeldern mit Solarpanels, 16 mit Windrädern an Land und 4 Windrädern zur See! Knaller.» Milliardenschwere Investitionen seien zu erwarten, so Giegold. | | Er ist nicht allein mit seinen Prognosen. Auch die IEA schraubt ihre Erwartungen immer weiter nach oben, und nicht nur fĂĽr Europa. Im Vergleich mit 2021 stiegen die jährlichen Investitionen in saubere Energien viel schneller als diejenigen in die fossilen Brennstoffe, rechnet die Agentur vor. | | Insgesamt erwartet der Generaldirektor Fatih Birol fĂĽr dieses Jahr Investitionen im Wert von rund 2,8 Billionen Dollar. Zieht man die rund 1 Billion Dollar, die in die fossilen Brennstoffe fliessen werden, ab, bleiben die erwähnten 1,7 Billionen Dollar fĂĽr die sauberen Energiequellen ĂĽbrig. | | Dazu gehören im IEA-Vokabular nicht nur die erneuerbaren Energien, sondern auch die Atomkraft, die fĂĽr die Energiewende so wichtigen Energienetze und Speicher wie auch klimafreundliche Kraftstoffe und Instrumente zur Steigerung der Energieeffizienz. | | Dabei sind insbesondere die Solarenergie und elektrische Autos erfolgreich: Dieses Jahr werde wohl erstmals mehr Geld in die Solarkraft als in die weltweite Ă–lproduktion fliessen, so die IEA. Konkret bedeutet das, dass mehr als 1 Milliarde Dollar pro Tag fĂĽr die Solarenergie in diesem Jahr investiert wird. | | DarĂĽber hinaus ist die IEA zuversichtlich, dass der Verkauf von Elektroautos einen weiteren grossen Umsatzsprung in diesem Jahr nehmen werde. Daneben haben auch Investitionen in Batterien, in die vieldiskutierten Wärmepumpen und die Atomkraft das Momentum der grĂĽnen Technologien gestĂĽtzt. | | Unbequeme Wahrheiten der Energiewende | | Dass immer mehr Milliarden fliessen, ist ein gutes Zeichen. Das Problem dabei? Weder reicht es aus, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen, noch weisen die Daten darauf hin, dass Investitionen weltweit gleich stark zunehmen. | | Der Boom findet mit rund 90 Prozent der Investitionssteigerungen vor allem in China, Europa und den USA statt. In vielen Schwellenländern und aufstrebenden Volkswirtschaften – an denen das Erreichen der globalen Klimaziele jedoch massgeblich hängt – hinkt die Energiewende hinterher. | | Auch wenn es laut IEA einige «Lichtblicke» gibt, reicht es noch nicht aus. | | Strukturelle und gesamtwirtschaftliche Probleme halten Investitionen in vielen Ländern zurĂĽck. Dazu gehören höhere Zinssätze, unklare politische Rahmenbedingungen, hohe Kapitalkosten sowie Unternehmen in finanziellen Nöten. Die Schuldenlast steigt in vielen Entwicklungsländern. | | Erschwert wird das Ganze dadurch, dass das Geschäft mit den grĂĽnen Energietechnologien oft hohe Vorabinvestitionen erfordert. Die Finanzierungskosten seien also ein entscheidender Faktor fĂĽr Investoren, sagt die IEA, auch wenn diese Kosten im Laufe der Zeit durch niedrigere Betriebskosten ausgeglichen wĂĽrden. | | Ein weiterer Faktor, der kĂĽnftig wohl auch auf Investitionsentscheidungen lasten wird, sind Kostensteigerungen bei einigen SchlĂĽsseltechnologien. Davon betroffen sind beispielsweise Windturbinen. | | Auch steht weiterhin fest: Das Geschäft mit den fossilen Energien bringt derzeit die höheren Renditen. «Hart, aber wahr. Eine grosse, unbequeme Wahrheit betrifft die Rentabilität und die Renditen verschiedener Bereiche der sauberen Energiewende», schrieb erst neulich Fatih Birols Berater Alessandro Blasi. | | Das Problem sei nicht die Knappheit des Kapitals, sondern die begrenzten Renditen bei den damit verbundenen Investitionen. | | Das vergangene Jahr war dabei ausserordentlich profitabel fĂĽr viele der weltweit agierenden Ă–l- und Gasproduzenten. Hohe Preise liessen die Einnahmen in die Höhe schnellen. | | Die IEA beziffert die Nettoeinnahmen aus dem Verkauf fossiler Brennstoffe auf rund 4 Billionen Dollar. Das ist mehr als doppelt so viel wie der Durchschnitt der vergangenen Jahre. Profite einheimsen ist legitim, die vergangenen Jahre waren durch Unsicherheiten und oft niedrige Erträge geprägt. Gute Zeiten folgen eben auf schlechte. | | Aber das Geld, das in den vergangenen Monaten in die Kassen der Erdöl- und Erdgasbranche gespĂĽlt wurde, irritiert nicht nur die Klimaaktivisten, die auf den baldigen Ausstieg aus den fossilen Energiequellen drängen und die alte Garde der fossilen Energiewirtschaft im Fokus haben. Sie stossen auch Experten wie Birol, dem Chef der IEA, sauer auf. | | Denn die Branche redet viel von ihrem Engagement fĂĽr eine klimafreundliche Energiewende. Ihre Investitionen spiegeln diese rhetorischen Verpflichtungen jedoch so gar nicht wider. | | Im Gegenteil: Investitionen in saubere Energietechnologien betragen weniger als 5 Prozent ihrer Ausgaben fĂĽr Exploration und Produktion. | | Die Zahl unterscheidet sich je nach Unternehmen. Bei den grossen europäischen Unternehmen sind laut IEA zweistellige Anteile ĂĽblich. Sie sind im Vergleich zu ihren amerikanischen und internationalen Wettbewerbern oft ambitionierter, was grĂĽne Investitionen betrifft. | | Und dennoch: Die Investitionen bleiben weit hinter dem zurĂĽck, was gemäss den Szenarien erforderlich wäre, um die Klimaziele des Pariser Abkommens zu erreichen. | | Dabei sei das so wichtig, monieren Experten wie Birol. Es brauche das technische Know-how dieser Unternehmen und ihre Erfahrung mit komplexen, grossen Projekten, um die Energiewende umzusetzen. | | Die jĂĽngsten Entwicklungen bei Shell zeigen derweil, dass auch europäische Energieriesen vorerst auf die Einnahmen achten werden. Im Vergleich zu ihren amerikanischen Wettbewerbern sind sie auch schlechter an der Börse bewertet, was sie offensichtlich stört. | | «Letztlich mĂĽssen wir in der Lage sein, langfristigen Wert fĂĽr unsere Aktionäre zu schaffen», sagte der Shell-CEO Wael Sawan diese Woche gegenĂĽber der «Financial Times». | | Das Unternehmen hatte vergangene Woche offiziell angekĂĽndigt, sich wieder vermehrt auf die Erdgas- und Erdölproduktion zu konzentrieren. Aktivisten waren entrĂĽstet. Wissenschaftliche Szenarien zeigen immer wieder aufs Neue, dass die Zunahme der Ă–l- und Gasproduktion die globalen Klimaziele sprengen wird. | | Sawan scheint unbeeindruckt. Er sagt, das Unternehmen werde an seinem Netto-Null-Klimaziel bis 2050 festhalten, aber dieses wohl auf anderen Wegen erreichen als von seinem Vorgänger Ben van Beurden geplant: «Die Antwort kann nicht lauten: ‹Ich werde [in saubere Energieprojekte] investieren und schlechte Renditen haben, und das wird mein Gewissen entlasten.› Das ist falsch.» | | Weitere Highlights zum Klimawandel aus der NZZ | | - Die Schweiz sagt Ja: Die Schweiz, gleich der EU, hat das Ziel der Klimaneutralität bis zur Jahrhundertmitte nun auch gesetzlich verankert. Zum Artikel
- Europa sagt Ja: Die Wärmepumpe wird immer populärer in Europa – auch ohne Subventionen. Zum Artikel
- Ja zur Atomkraft? Das Verbot fĂĽr den Bau neuer Atomkraftwerke soll fallen. Das will zumindest die rechtskonservative SVP. Zum Artikel
| Highlights aus aller Welt | | - 🌊 Europa hat sich seit den 1980er Jahren doppelt so stark erwärmt wie der globale Durchschnitt, das zeigen die jüngsten Daten der Weltwetterorganisation.
- 🌍 Im Jahr 2022 lag Europa etwa 2,3 °C ĂĽber dem vorindustriellen Durchschnitt (1850–1900).
- 🔥 Direkte Staatsausgaben fĂĽr die Landwirtschaft, die Fischerei und die fossilen Brennstoffe belaufen sich auf 1,25 Billionen Dollar pro Jahr – Subventionen, die dem Klimaschutz schaden wĂĽrden, so die Warnung der Weltbank.
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